Hire an Fire
Eigentlich denken wir bei „Hire and Fire“, dem Arbeitsmarktmodell bei dem Menschen von einem Tag auf den anderen eingestellt, nur um bald darauf wieder auf die Straße gesetzt zu werden an die USA. Gerade die älteren unter uns haben vom österreichischen Arbeitsmarkt oft noch das Bild der glorreichen Beschäftigungspolitik der Siebziger Jahre vor Augen. Aber eine berufliche Heimat über Jahre und Jahrzehnte im gleichen Betrieb, gibt es das heute überhaupt noch? Die traurige Antwort ist nein. Auch am österreichischen Arbeitsmarkt hat sich „Hire and Fire“ etabliert. Seit den 1990er Jahren fallen auch bei uns konstant zwischen 10,5 bis 15 Prozent der Stellen die „neu“ aufgenommen werden auf Beschäftigte, die für den gleichen Arbeitgeber innerhalb der letzten 12 Monate bereits schon einmal gearbeitet haben.
Im Jahr 2016 wurden beispielweise rund 1,9 Millionen Jobs „neu“ aufgenommen. Aber bei ganzen 38 Prozent dieser Jobs handelte es sich dabei eigentlich um Wiedereinstellungen bei einem früheren Arbeitgeber nach einer Unterbrechung von nicht einmal einem Jahr. Die betroffenen Beschäftigten sind vor ihrer Rückkehr in den alten Job zwischenzeitlich von Unternehmen beim AMS „geparkt“ worden, um nur kurz darauf nach Lust und Laune wieder eingestellt zu werden. Wer denkt diese üble Praxis würde sich auf Saisonarbeit und Gastronomiejobs beschränken, der irrt sich leider. Denn diese „temporären Layoffs“, wie sie auch genannt werden, sind in allen Branchen zu finden. Zwar ist die Verbreitung am Bau und in der Gastronomie mit 51, beziehungsweise 46 Prozent besonders extrem, aber auch im Handel oder in der Finanz- und Versicherungsbranche machen die Wiedereinstellungen knapp ein Viertel aller Einstellungen aus.
Teure Verantwortungslosigkeit
Für Unternehmen bedeutet dieses zeitweise Abwälzen von Verantwortung, indem sie ihre Beschäftigten in die Arbeitslosigkeit schicken, die Auslagerung von unternehmerischen Risiken und Personalkosten. Der Allgemeinheit und somit uns BeitragszahlerInnen kommt das jedoch teuer zu stehen. Die Kosten des AMS für diese Kurzzeitarbeitslosen belaufen sich auf rund 500 Millionen Euro pro Jahr – ohne die fehlende Sozialversicherungsbeiträge, die noch zusätzlich anfallen und unser Solidarsystem weiter belasten. Für Personen, die innerhalb von zwei Monaten zu ihrem früheren Arbeitgeber zurückkehrten betrugen die Kosten für das AMS immer noch 83 Millionen Euro und bewegten sich in den Folgejahren sogar zwischen 96 und 114 Millionen Euro. Das dahinter eine skrupellose Systematik von verantwortungslosen Unternehmen steckt zeigt sich darin, dass es immer wieder die gleichen Jobs sind die nicht nur einmal, sondern mehrmals hintereinander unterbrochen werden.
2017 handelte es sich bei über 70 Prozent der Fälle um eine wiederholte Wiedereinstellung in einer ganzen Reihe von Beschäftigungsunterbrechungen. Bei rund 44 Prozent reihten sich sogar mindestens fünf Arbeitsverhältnisse beim gleichen Arbeitgeber aneinander. Für die betroffenen Beschäftigten wirkt sich dieses „Hire an Fire“ auch über den bestreffenden Job hinaus negativ auf ihre berufliche Zukunft aus. Denn statistisch gesehen sind sie in den sechs Folgejahren im Durchschnitt um 74 Tage mehr arbeitslos als Beschäftigte mit einem stabilen, dauerhaften Arbeitsplatz. Sie werden schlechter bezahlt, müssen mit weniger Arbeitslosengeld auskommen und werden eine kleinere Pension bekommen. Sie müssen ein Leben in Unsicherheit führen, während sich die Unternehmen auf ihre und unser aller Kosten absichern. Es wird Zeit, dass dieser üblen Praxis ein Riegel vorgeschoben wird.
Quellen und weiterführende Literatur: